Aus welcher Sicht wir die Welt erkunden und wer uns das Erlebte schildert, solltest du schon vor dem Schreiben festgelegt haben. Die nachträgliche Überarbeitung eines ganzen Buches wird dir ansonsten leicht vermeidbare Schmerzen bereiten.
Es existieren genretypische Perspektiven mit denen nur schwer gebrochen werden kann, da eine spezielle Erzählperspektive durchaus ein Kriterium für ein bestimmtes Genre sein kann. Natürlich spielen deine eigenen Präferenzen ebenfalls eine Rolle, aber achte auf jeden Fall darauf, was dir am leichtesten von der Hand geht.
Zuerst gilt es herauszufinden, ob der Leser die Geschichte des Protagonisten selbst miterlebt oder die Ereignisse durch die Augen einer Nebenfigur beobachtet werden. Je nach Situation und Gegebenheit kann die Sicht auf die Welt auch zwischen verschiedenen Charakteren hin und her springen.
Als Nächstes musst du bestimmen, wer uns die Geschichte erzählt. Ist es der Protagonist selbst der von seinen Erlebnissen berichtet oder eine außenstehende Person.
Die größte Schwierigkeit besteht darin, die gewählte Erzählperspektive über die gesamte Länge deines Buches konsequent beizubehalten. Das erfordert etwas Übung und wird dich zu Beginn mit Sicherheit einige Nerven kosten.
Eine einzelne Person schildert das selbst erlebte und seine Sicht der Dinge. Es entsteht eine starke Bindung zum jeweiligen Charakter, jedoch ist die Sichtweise eingeschränkt, da nur Szenen beschrieben werden können bei denen die Figur tatsächlich anwesend ist.
Die individuelle Wahrnehmung einer einzelnen Person kann vom tatsächlichen Geschehen abweichen, da sie in verschiedenen Bereichen voreingenommen sein kann oder eine Situation falsch einschätzen.
Die Ich-Perspektive eignet sich besonders gut für die Beobachtung einer Persönlichkeitsentwicklung und den damit verbundenen Gedanken- und Gefühlswelten. Sie lässt den Leser die Dinge aus nächster Nähe miterleben, allerdings steigt mit der Komplexität der Story auch das Risiko, schnell den Überblick zu verlieren.
Der personelle Erzähler blickt der auserwählten Figur über die Schulter und bei Bedarf auch in den Kopf. Diese Erzählform ist heutzutage die am meisten verwendete, da sie persönliche Nähe erzeugt und die Identifikation mit dem Helden erleichtert.
Durch gezieltes Weglassen von entscheidenden Faktoren oder durch das punktuelle Erweitern des Sichtfelds kann zusätzlich Spannung erzeugt werden. Außerdem kannst du die Aufmerksamkeit gezielt auf Nebensächlichkeiten lenken und für Verwirrung sorgen.
Diese Form wird heute kaum noch verwendet. Bei diesem allwissenden und omnipräsenten Erzähler ist es ein ständiger Balanceakt zwischen Spannungsaufbau und Spannungskiller. Die Tatsache, dass er sowohl die Vergangenheit als auch die Zukunft wirklich aller beteiligten Personen kennt, macht es bei einer Vielzahl wichtiger Personen zwar einfacher zwischen verschiedenen Perspektiven zu wechseln, allerdings wird gleichzeitig emotionale Distanz zu den jeweiligen Akteuren geschaffen.